Ich glaube, es ist wichtig, seine eigenen Wurzeln zu stärken, um richtig wachsen zu können. Meistens denken wir bei dem Wortlaut „Wurzeln haben“ an unsere Herkunft, an die Familie aus der wir stammen. Schon das Wort „stammen“ bezieht sich ja auf den Stamm. Doch das wäre ein starrer Blick auf sich selbst – das hieße, ich bin selbst gar nicht verantwortlich für meine Wurzeln, denn wie ich bin und wo ich stehe, ist mir schon mitgegeben.
Wo und wie möchte ich verwurzelt sein?
Ich denke jedoch, wir entscheiden selbst, wo wir Wurzeln schlagen, und damit meine ich nicht einen speziellen Ort. Wer seine Wurzeln an der falschen Stelle schlägt – vielleicht im Schatten anderer, großer Bäume, der wird nie seine volle Größe erreichen. Auf der anderen Seite ist es wichtig zu schauen, wie der Boden beschaffen ist, in dem wir uns verwurzeln möchten. Ist er hart und ohne Nährstoffe für einen selbst, so können wir keinen Halt finden. Wer keine festen Wurzeln hat, fällt bei einem schon sehr kleinen Sturm, vielleicht schon bei einem Windstoß, um.
Doch wir beschäftigen uns meist nicht mit unseren Wurzeln, unserem Stand, sondern eher immer mit unserer Krone, dem wonach wir streben. Aber: Ohne Wurzeln, die sich tiefer und tiefer im fruchtbaren Boden verzweigen, keine schöne Krone, die Richtung Himmel wachsen kann. Sprich – ohne den Blick auf unsere eigene Beschaffenheit an der Basis, keine Entfaltung.
Ich kenne das selbst zu gut. Ich habe an meinen Ästen und Blüten gearbeitet – Hauptsache, ein buntes Blätterwerk, das nach außen strahlt. Doch meine Wurzeln fanden keinen Halt mehr – das Ergebnis war die Entwurzelung mit einem Krach! Mehr als einmal habe ich mich schon entwurzelt gefühlt, und das lag nicht an meinem „Stammbaum“, sondern daran, wie und wo ich Wurzeln schlagen wollte. Manchmal muss so eine Entwurzelung vielleicht auch sein – dort, wo wir fest halten an einer Situation, aber gar nicht (mehr) wachsen können. Aber besser, wenn wir die Verpflanzung selbst vornehmen.
Wurzeln ausgraben
Nun habe ich mal wieder intensiv in der Erde gewühlt und mir meine Wurzeln angeschaut: Wie sind sie beschaffen, welchen Weg bahnen sie sich und können sie die Last des Stammes und der Äste noch tragen? Es ist oft gar nicht so leicht, die Wurzeln freizulegen und genau zu betrachten, wie es an der Basis ausschaut.
Und auch wenn die Wurzeln stark sind, stellt sich hin und wieder die Frage: Wo müssen Zweige vielleicht entfernt werden, damit woanders das Wachstum nicht behindert wird? Und auch wenn Zweige beim nächsten Sturm weggerissen werden, so hat man doch einen festen Stand und weiß, dass einen nichts so schnell erschüttern kann. Äste können austreiben, mit Ästen anderer Bäume eine gemeinsame Krone bilden, ohne dass einer die eigenen Wurzeln aufgeben muss.
Lustig, dass mir das Bild der Wurzeln so in den Sinn gekommen ist, dabei bin ich tatsächlich keine große Gärtnerin. Aber sich bewusst zu machen, wie stark die eigenen Wurzeln sind, ist extrem hilfreich, wenn man manchmal das Gefühl hat, nicht mehr wachsen zu wollen oder zu können. Denn eigentlich geht es immer darum, sich weiter zu entwickeln und zu entfalten.